Desmose

Desmose des Darms (aplastische und atrophische)

Desmose bezeichnet den Verlust oder das Fehlen des sehnenartigen Kollagengerüstes der Muscularis propria (glatte Muskulatur in Quer- und Längsrichtung). Die eigentliche Ursache für Verlust oder Fehlen dieser Strukturen ist bislang ungeklärt.

Es werden zwei Hauptformen der Desmose unterschieden:

1.    Aplastische Desmose

Die aplastische oder primäre Desmose ist angeboren (kongenital). Sie kann als klinisches Zeichen im Rahmen eines Syndroms (z.B. Mikrokolon-Megazystis-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom Typ IV), aber auch isoliert auftreten. Es fehlt sowohl das sehnenartige Kollagengerüst der Muscularis propria als auch das der bindegewebigen Plexusloge zwischen Ring- und Längsmuskulatur des Darms. Diese Form der Desmose ist extrem selten und macht weniger als 1% aller Desmosen aus und manifestiert sich zumeist schon im Kindesalter.

Wie bei den Aganglionosen fehlen bei frühkindlichem Auftreten die Darmbewegungen (Aperistalsis) völlig.

2.   Atrophische Desmose

Zur atrophischen oder sekundären Desmose kommt es häufig im Verlauf von oder nach anderen Erkrankungen. Hierzu gehören insbesondere chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie der Morbus Crohn, die nekrotisierende Enterokolitis, das idiopathische Megakolon sowie die chronische Obstipation mit Hyperextension. Auch die Bestrahlung von Tumoren (Radiotherapie) kann zu einem Untergang der sehnenartigen Strukturen führen.

Eine atrophische Desmose kann wie die aplastische einen Totalverlust der sehnenartigen Strukturen aufweisen. Weitaus häufiger findet sich aber ein inkomplettes Auftreten, bei dem beispielsweise nur die bindegewebige Plexusloge fehlt.

Häufigkeit

Folgende Untersuchung mag einen Hinweis auf die Seltenheit des Auftretens von Desmose geben:  

In den 1990ern wurden 236 Kolon-Resektate von Kindern und jungen Erwachsenen im Alter von 4 bis 20 Jahren untersucht, die infolge einer Aganglionose, Hypoganglionose, Megakolonbildung oder eines Hypoperistalsis-Syndroms operiert wurden. 222 Resektate (94 %) hatten einen Morbus Hirschsprung oder eine Hypoganglionose des Plexus myentericus, wobei Morbus Hirschsprung mit einer Auftretenswahrscheinlichkeit von 1:5000 als eine der häufigsten Fehlbildungen des Darmtraktes gilt.

Nur 14 Resektate (6%) zeigten einen totalen oder fokalen Mangel des Bindegewebsnetzes der Muscularis propria und der Plexusloge.  Diese 14 Resektate repräsentieren sozusagen die Gesamtheit aller Desmosen, die bereits in jungen Jahren auftreten. Der Anteil, den die angeborene aplastische Desmose hieran hat, dürfte sehr gering sein.

Diagnose

Der Weg bis zum Befund ist sehr lang. Die Leitlinien der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE) empfehlen bei chronischer Verstopfung im Kindesalter nach Anamnese zunächst die Untersuchung auf Morbus Hirschsprung sowie eine Verlaufsbeobachtung über einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten mit konventioneller Therapie. Erst danach sollen weitere „apparatemedizinische Diagnoseverfahren“ zum Einsatz kommen.

Chronische Verstopfung führt zur Ausbildung eines Megacolon. In der diagnostischen Untersuchung ergibt sich kein Hinweis auf eine fehlende oder unvollständige Innervierung des Darms. 

Der Befund einer Desmose lässt sich nur anhand eines Darmresektats durch Anfärbung des kollagenfaserigen Gerüstes der Muscularis propria erheben. Schleimhautbiopsien machen keine Aussage über das sehnenartige Kollagengerüst der muskulären Darmwand.

Therapie

Eine ursächliche Therapie gibt es bislang nicht. Bei drohendem Darmverschluss sollte eine operative Entlastung vorgenommen und ein Anus praeter angelegt werden.

Weitere Informationen

Herr Prof. Dr. Meier-Ruge war so freundlich, mir die Ausgabe von "Der Pathologe" aus März 2007 zuzuschicken. Wer von Desmose betroffen ist und den Part "Morphologisches Bild der aplastischen und atrophischen Desmose des Darms" gerne lesen möchte, kann sich gerne bei mir melden.

http://orpha-selbsthilfe.de/forum/index.php?topic=934.0

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen